Manchmal reicht ein einziger Abend, um eine Stadt neu zu entdecken. Wenn das Licht weicher wird, die Geräusche leiser, und die Mauern Geschichten zu flüstern scheinen, zeigt sich Rothenburg ob der Tauber von seiner stillsten und vielleicht schönsten Seite.
Wenn das Licht leiser wird
Wenn Tag damit beginnen sich die Hände zu schütteln und die Sonne ihre letzten Strahlen wie goldene Pinselstriche über Mauern und Wiesen legt, zeigt sich Rothenburg von einer ganz besonderen Seite – irgendwie leiser, weicher, beinahe so, als würde die Stadt selbst tief durchatmen.


Grün, so weit das Auge reicht

Der Blick ins Taubertal verliert sich in unzähligen Grüntönen, die sanft in der Tiefe verschwimmen. Weinreben ziehen ordentliche Linien den Hang hinunter, während sich ein schmaler Weg wie ein stiller Begleiter hindurchschlängelt. Kein Lärm, kein Gedränge – nur das Summen der Insekten und das Rascheln der Blätter im Abendwind.

Und das obwohl sich sonst unzählige Touristen in und um die Stadt herum bewegen. An diesem Abend aber, waren alle Wege wie leer gefegt. Ohne die vielen Gesichter, deren Blicke sonst gebannt auf sie blickten, buhlte die Landschaft geradezu um meine Aufmerksamkeit.
Geschichten im Spiegel

Mein Blick schweift ein Gemäuer entlang… von Zeit und Wetter gezeichnet, lenkt sie meinen Blick in Richtung eines Turms und auf sein Spiegelbild in einer Pfütze… Hier erzählen selbst Wasserlachen Geschichten, wenn man nur stehenbleibt und hinsieht.

Das warme Leuchten im kühlen Stein
Manchmal ist es auch ein kleines, scheinbar unauffälliges Detail, das hängen bleibt: eine einsame Laterne, die früh am Abend ihr warmes Licht auf eine grüne Wand wirft. Der Kontrast zwischen dem kalten Stein und dem warmen Schein wirkt wie ein stilles Versprechen, dass der Tag noch nicht ganz vorbei ist.

Türme im goldenen Licht

Und dann sind da wieder diese Türme. Wachtürme, die über Dächer blicken, aus Baumkronen ragen oder wie stumme Zeugen am Horizont stehen. Manche sehen aus, als gehörten sie in ein Märchenbuch, andere erinnern daran, dass hier einmal Stadtgrenzen verteidigt wurden. Im goldenen Licht wirken sie jedoch weniger streng – fast so, als würden sie mit der Sonne um die Wette strahlen.


Silhouetten und flüchtige Begegnungen
Menschen sind in dieser Szenerie zu meiner Verwunderung heute nur selten zu sehen, und wenn, dann eher als Silhouette: eine Frau im Sommerkleid, ein Hut als Schattenriss gegen den Abendhimmel. Es sind kurze Begegnungen, flüchtig wie das Licht, das in diesem Moment alles umhüllt.

Ein stilles Ausblenden

Am Ende des Weges, kurz bevor die Nacht hereinbricht, fällt der Blick noch einmal in Richtung Tal. In der Ferne erhebt sich ein weiterer Turm gegen den Himmel. Hier endet der Tag – nicht abrupt, sondern wie ein leises Ausblenden, das einen noch lange begleitet.