0
Dein Warenkorb ist zur Zeit leer.

Das Belichtungsdreieck einfach erklärt: So bekommst Du die Belichtung in den Griff

Polarlichter über Schweden
Veröffentlicht: - Zuletzt aktualisiert:

Kennst Du das? Du stehst mitten in einer atemberaubenden Landschaft. Vor Dir breitet sich ein scheinbar endloser Himmel aus, das Licht der untergehenden Sonne taucht die Szenerie in ein warmes Farbenspiel. Du hebst Deine Kamera, richtest sie aus, drückst aus den Auslöser – und das Bild? Entweder zu dunkel, zu hell oder irgendwie einfach nicht so, wie Du es vor Ort gesehen hast.

Woran liegt das? Ganz einfach: Dein Kamerasensor wusste nicht, wie Du das Licht bzw. die Lichtstimmung einfangen wolltest. Nicht umsonst heißt es, dass Licht die Essenz der Fotografie ist. Es formt Dein Bild, gibt ihm Stimmung und veleiht ihm Tiefe.

Aber damit Deine Kamera das Licht so einfängt, wie Du es gerne haben möchtest, brauchst Du Kontrolle – und genau hier kommt das Belichtungsdreieck ins Spiel.

In diesem Beitrag erkläre ich Dir, wie das Belichtungsdreieck funktioniert und zeige Dir dazu auch ein paar praktische Beispiele. Bereit? Dann lass uns gemeinsam eintauchen!

Was ist das Belichtungsdreieck?

Drei einfache Stellschrauben bestimmen, wie viel Licht auf den Sensor Deiner Kamera trifft:

  1. Blende (Aperture) – eine Art Öffnung im Objektiv mit variabler Größe, die regelt, wie viel Licht hineingelassen wird.
  2. Verschlusszeit (Shutter Speed) – die Dauer, wie lange der Sensor Licht aufnimmt.
  3. ISO-Wert – die Lichtempfindlichkeit des Sensors.

Stell Dir das Belichtungsdreieck wie eine Wippe vor… also eine für drei Personen , damit meine Analogie passt 😉 Ändert sich eine Einstellung, muss ggfs. eine andere angepasst werden, damit das Gleichgewicht – also die richtige bzw. die gewünschte Belichtung – erhalten bleibt.

Das Belichtungsdreieck
Infografik erstellt mit Unterstützung von ChatGPT

Manchmal ist ein gewisses „Übergewicht“ an einer der drei Stellschrauben aber auch durchaus gewünscht, z.B. dann wenn das Bild einen eher helleren / dunkleren Look haben soll.

Am besten lässt sich das Belichtungsdreieck anhand von praktischen Beispielen erklären.

1. Die Blende – Dein Tor zum Licht

Stell Dir eine Wasserleitung vor. Die Blende ist der Wasserhahn. Drehst du ihn weit auf (kleine Blendenzahl, z.B. f/1.8), fließt viel Wasser – oder in unserem Fall: Licht. Drehst Du ihn fast zu (große Blendenzahl, z.B. f/16), kommt nur noch ein dünner Strahl hindurch.

Wie beeinflusst die Blende Dein Bild?

  • Viel Licht (kleine Blendenzahl, z.B. f/2.8) → Weicher, verschwommener Hintergrund (perfekt für Porträts)
  • Wenig Licht (große Blendenzahl, z.B. f/11 – f/16) → Großer Schärfebereich von vorne bis hinten (ideal für Landschaften)

Praxisbeispiel:

Du möchtest ein Spinnennetz im Wald fotografieren. Der Hintergrund mit all den Ästen und Pflanzen stört Dich aber. Also öffnest Du die Blende (z. B. f/5.6, f/2.8 oder weiter) um Dein Motiv scharf abzulichten, während der Hintergrund in weicher Unschärfe verschwimmt.

ISO-Wert: 3.200 | Blende: f/5.6 | Verschlusszeit: 1/250 Sek.

Beim obigen Bild habe ich die Blende nicht ganz so weit geöffnet, wie es das Objektiv eigentlich zugelassen hätte, weil sich das Spinnennetz leicht schräg von mir weg neigte und ich es möglichst komplett scharf abbilden wollte. Hätte ich die Blende weiter geöffnet, dann wäre ein Teil des Netzes mit in die Unschärfe geraten.

Umgekehrt: Du fotografierst eine Berglandschaft und möchtest, dass sowohl ein Objekt im Vordergrund als auch die Gipfel in der Ferne gestochen scharf sind? Dann brauchst Du eine geschlossene Blende (z.B. f/8, f/11 oder höher).

ISO-Wert: 125 | Blende: f/8 | Verschlusszeit: 1/640 Sek.

Bei diesem Bild habe ich meine Frau aus Fokuspunkt genutzt und mit einer relativ weit geschlossenen Blende (f/8) dafür gesorgt, dass der Schärfebereich im Bild möglichst groß ist. Die leicht unscharfen Berge im Hintergrund verleihen dem Bild eine gewisse Tiefe.

Noch ein kleiner Hinweis: Eine weit geöffnete Blende (kleine Blendenzahl) bedeutet, dass viel Licht auf den Sensor fällt – Du musst also ggfs. die Verschlusszeit oder den ISO-Wert anpassen, damit das Bild nicht überbelichtet wird! Wenn Du die Blende schließt, z.B. auf f/16, fällt deutlich weniger Licht auf den Sensor. In diesem Fall musst Du dann ggfs. mit der Verschlusszeit runter, oder mit dem ISO-Wert hoch.

2. Die Verschlusszeit – Dein Zeitempfinden in Bildern

Den Verschluss einer Kamera kannst Du Dir ganz grob so wie Deine Augenlider vorstellen. Du kannst sie z.B. ganz kurz oder auch länger öffnen. Die Verschlusszeit ist quasi das Gegenstück dazu und entscheidet, wie lange Licht auf den Sensor trifft. Wird dieser nur ganz kurz geöffnet, kommt wenig Licht hinein. Lässt Du ihn lange offen, kann viel Licht eintreten.

Wie beeinflusst die Verschlusszeit Dein Bild?

  • Kurze Verschlusszeit (z.B. 1/1000 Sekunde oder schneller) → Bewegung „einfrieren“ (ideal für Sport oder Action)
  • Lange Verschlusszeit (z.B. 1/30 Sekunde oder langsamer) → Bewegungsunschärfe erzeugen (z. B. fließendes Wasser)

Praxisbeispiel:

Du möchtest ein schnell vorbeifahrendes Fahrzeug so fotografieren, dass es aussieht, als würde es stehen. Dazu brauchst du eine kurze Verschlusszeit (z.B. 1/1000 Sekunde oder kürzer).

Bei diesem Beispiel sieht es tatsächlich so aus, als hätten die beiden kurz am Strand gehalten um den Blick aufs Meer zu genießen. Tatsächlich waren sie aber recht zügig unterwegs. Mit einer Verschlusszeit von 1/3200 Sekunde war das aber kein Problem.

ISO-Wert: 100 | Blende: f/5.0 | Verschlusszeit: 1/3200 Sek.

Anders sieht es aus, wenn Du einen Wasserfall aufnimmst und diesen fließend und sanft wirken lassen möchtest. Dann nutzt du eine lange Verschlusszeit (z.B. 1 Sekunde) – aber Achtung: Du brauchst eine sehr ruhige Hand, einen guten Bildstabilisator oder ein Stativ, sonst verwackelt das Bild!

Einen Wasserfall habe ich leider nicht zur Hand, aber das folgende Bild verdeutlicht diesen Punkt auch ziemlich gut.

Motorradfahrer fahren über eine Brücke in Rom
ISO-Wert: 800 | Blende: f/3.5 | Verschlusszeit: 1/15 Sek.

Durch die längere Verschlusszeit wollte ich das Gewusel auf den Straßen Roms zeigen. Dort ist gefühlt immer Rush-Hour und mit einer langen Verschlusszeit, verschwimmen die schnell vorbeifahrenden Roller-Fahrer*Innen und lässt unser Hirn auf Bewegung schließen.

Für ein weiteres Beispiel zu längeren Verschlusszeiten bietet sich auch diese Langzeitbelichtung an, die Abends vor den Toren von Rothenburg gemacht habe. Mein Ziel war es das Panorama der Altstadt einzufangen, während ein vorbeifahrendes Auto im Vordergrund nur als Lichtspur zu erkennen ist.

Die Doppelbrücke im Taubertal und Blick auf das mittelalterliche Rothenburg
ISO-Wert: 50 | Blende: f/8 | Verschlusszeit: 10 Sek.

3. Der ISO-Wert – Dein Retter im Dunkeln (mit Nebenwirkungen)

ISO regelt, wie empfindlich Dein Sensor auf Licht reagiert. Ein niedriger ISO-Wert (z.B. ISO 100) bedeutet wenig Empfindlichkeit, eine hohe Zahl (z.B. ISO 6400) verstärkt das Lichtsignal – aber mit einem Haken: Das Bild fängt an zu rauschen!

Wie beeinflusst der ISO-Wert Dein Bild?

  • Niedriger ISO-Wert (z.B. ISO 100 – 400) → Klare, rauschfreie Bilder (ideal bei Tageslicht)
  • Hoher ISO-Wert (z.B. ISO 1600 – 6400) → Helligkeit steigt, aber Bildrauschen nimmt zu (Nachtfotografie)

Praxisbeispiel:

Du stehst inmitten einer schön beleuchteten Altstadt und möchtest ein Bild von der Szenerie machen. Es ist dunkel, ein Blitz wäre störend. Also erhöhst du den ISO-Wert, um das Bild aufzuhellen. Das funktioniert – aber du merkst, dass dein Bild etwas „körnig“ aussieht. Das ist das Rauschen, das mit steigender ISO-Zahl kommt. Das kann dann z.B. so aussehen:

Daher: Setze den ISO-Wert nur hoch, wenn es nicht anders geht. Lieber erst mit Blende und Verschlusszeit spielen! Es gibt zwar inzwischen auch viele und gute Möglichkeiten Bildrauschen in der Nachbearbeitung am Computer zu zu minimieren, aber durch starkes Rauschen können auch Bildinformationen verloren gehen, die (zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrags) nicht wiederhergestellt werden können. Eine Wand mit markanter Struktur könnte nach dem sogenannten Entrauschen glatt wie eine Folie wirken.

Das Zusammenspiel – So funktioniert das Belichtungsdreieck in der Praxis

Jetzt wird’s spannend: Wie kombinierst Du Blende, Verschlusszeit und ISO nun richtig?

Szenario 1 – Unscharfer Hintergrund:

Du möchtest ein stimmungsvolles Bild mit unscharfem Hintergrund fotografieren. Dafür gehst Du wie folgt vor:

✅ Blende weit öffnen (z.B. f/2.8)

✅ ISO so niedrig wie möglich halten (z.B. ISO 100)

✅ Verschlusszeit so wählen, dass nichts verwackelt (mind. 1/125 Sekunde)

ISO-Wert: 100 | Blende: f/2.8 | Verschlusszeit: 1/1600 Sek.

Wird das Bild hell musst Du entweder die Blende wieder schließen, dadurch wird dann allerdings der Hintergrund schärfer, oder Du wählst schnellere Verschlusszeiten, z.B. 1/3200 Sek. – Probier einfach mal ein paar schnellere Verschlusszeiten aus und vergleiche die Ergebnisse. Wenn das Bild trotzdem zu hell belichtet bleibt, ist sehr wahrscheinlich zu viel Umgebungslicht (z.B. starkes Sonnenlicht) vorhanden. Wenn die technischen Möglichkeiten Deiner Kamera ausgeschöpft sind, kann Dir ggfs. noch ein ND-Filter weiterhelfen. Der funktioniert wie eine Art Sonnenbrille für Dein Objektiv. Wird das Bild zu dunkel, kannst Du entweder die Blende weiter öffnen (wenn möglich), die Verschlusszeit verlängern oder mit dem ISO-Wert nach oben gehen.

Szenario 2 – Bewegung:

Du möchtest „Bewegung“ in Deinen Fotos darstellen? Dann versuch‘ es mal mit diesen Einstellungen:

✅ Mittlere / Geschlossene Blende (f/4 – f/16)

✅ ISO 100

✅ Lange Verschlusszeit (1/60 Sekunde oder länger) – ggfs. Stativ erforderlich!

ISO-Wert: 100 | Blende: f/4.0 | Verschlusszeit: 1/60 Sek.

Auch hier gilt wieder, wird das Bild zu hell, solltest Du ein wenig mit den Einstellungen experimentieren. Da die Bewegung verschwommen dargestellt werden soll, kannst Du allerdings keine schnellere Verschlusszeit wählen. Daher muss entweder die Blende weiter zu (z.B. f/8) oder, wenn das nicht hilft, auch hier ein ND-Filter zum Einsatz kommen. Wird das Bild hingegen zu dunkel, kannst Du die Verschlusszeit sogar noch etwas länger wählen.

Szenario 3 – Langzeitbelichtung:

Schnapp‘ Dir ein Stativ und such‘ Dir eine schöne Kulisse. Um das Licht richtig einzufangen kannst Du dann z.B. diese Einstellungen nutzen:

✅ Die Blende kannst Du im Prinzip so einstellen, wie Du es möchtest. Offen (z.B. f/2.8) für unscharfe Vorder- oder Hintergründe oder geschlossener (z.B. f/11) für Landschaften.

✅ ISO 100

✅ Längere Verschlusszeit (1 Sekunde oder länger)

Polarlichter über Schweden
ISO-Wert: 100 | Blende: f/2.8 | Verschlusszeit: 30 Sek.

Weil es schon recht dunkel war und ich nicht länger als 30 Sekunden belichten wollte, habe ich die Blende ziemlich weit geöffnet. Hätte ich sie noch weiter geöffnet, wären vielleicht einige Bereiche im Vordergrund des Bildes zu unscharf geworden. Mit f/2.8 hat es aber zum Glück ganz gut funktioniert, auch wenn ich ein paar dunkle Bereiche in der Nachbearbeitung noch etwas aufhellen musste.

Das könnte Dich an dieser Stelle vielleicht auch interessieren: Das erste mal Polarlichter fotografieren

Dein nächster Schritt

Das Belichtungsdreieck ist ein Werkzeug, um die Kontrolle über Deine Bilder zu übernehmen. Je öfter Du damit spielst, desto intuitiver wirst Du es anwenden können.

Mein Tipp: Geh raus und experimentiere! Setze dir kleine Aufgaben:

  • Fotografiere sich bewegende Motive mit verschiedenen Verschlusszeiten.
  • Wechsle die Blende und beobachte, wie sich die Schärfentiefe verändert.
  • Spiele mit dem ISO-Wert in dunklen Umgebungen.

Jede Kameraeinstellung ist wie ein Regler an einem Mischpult und Du kannst sie so steuern, wie Du Deine Bilder haben möchtest. Und das Beste? Je mehr Du übst, desto mehr Spaß macht es!

Ich hoffe mein Beitrag hat Dir weitergeholfen und vielleicht sogar ein paar offene Fragen beantwortet. Lass es mich gerne in den Kommentaren wissen.

Prev Fotografie auf Reisen - Meine Tipps für schöne Erinnerungsfotos

Was denkst Du?